Matthias Claudius: Ein Brief an den Mond
Stille glänzende Freundin
Stille glänzende Freundin, Ich habe Sie lange heimlich geliebt; als ich noch Knabe war pflegt ich schon in den Wald zu laufen und halbverstohlen hinter 'n Bäumen nach Ihnen umzublicken, wenn Sie mit bloßer Brust oder im Negligé einer zerrissenen Nachtwolke vorübergingen. Einst abends fragte ich, was Sie immer so unruhig am Himmel wären, und warum Sie nicht bei uns blieben. "Sie hatte, ach!" hub meine Mutter an und setzte mich freundlich auf ihren Schoß, "sie hatte einen kleinen lieben Knaben, ...