Lesedusche

Adelbert von Chamisso: Tränen

Ich hab ihn im Schlafe

Ich hab ihn im Schlafe zu sehen gemeint,
Noch sträubt vor Entsetzen mein Haar sich empor,
O hätt ich doch schlaflos die Nacht durchweint,
Wie manche der Nächte zuvor.

Ich sah ihn verstört, zerrissen und bleich,
Wie er in den Sand zu schreiben schien,
Er schrieb unsre Namen, ich kannt es gleich,
Da hab ich wohl laut geschrien.

Er fuhr zusammen vom Schrei erschreckt,
Und blickte mich an, verstummt wie das Grab,
Ich hielt ihm die Arme entgegen gestreckt,
Und er – er wandte sich ab.

aus: Adelbert von Chamisso, Sämtliche Werke, Redaktion Jost Perfahl und Volker Hoffmann, 2 Bde., München 1975.

Adelbert von Chamisso

--:--
Track 01
Ich hab ihn im Schlafe
Bitte drehen