Lesedusche

Conrad Ferdinand Meyer: Weihnacht in Ajaccio

Reife Goldorangen

Reife Goldorangen fallen sahn wir heute, Myrte blühte,
Eidechs glitt entlang der Mauer, die von Sonne glühte.

Uns zu Häupten neben einem morschen Laube flog ein Falter –
Keine herbe Grenze scheidet Jugend hier und Alter.

Eh das welke Blatt verweht ist, wird die Knospe neu geboren –
Eine liebliche Verwirrung, schwebt der Zug der Horen.

Sprich, was träumen deine Blicke? Fehlt ein Winter dir, ein bleicher?
Teures Weib, du bist um einen lichten Frühling reicher!

Liebst du doch die langen Sonnen ...

aus: Conrad Ferdinand Meyer, Sämtliche Werke in zwei Bänden, München 1968.

Conrad Ferdinand Meyer

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Reife Goldorangen
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