Lesedusche

Georg Heym: Der Baum

Am Wassergraben

Am Wassergraben, im Wiesenland
Steht ein Eichbaum, alt und zerrissen.
Vom Blitze hohl, und vom Sturm zerbissen.
Nesseln und Dorn umstehn ihn in schwarzer Wand.

Ein Wetter zieht sich gen Abend zusammen.
In die Schwüle ragt er hinauf, blau, vom Wind nicht gerührt.
Von der leeren Blitze Gekränz umschnürt,
Die lautlos über den Himmel flammen.

Ihn umflattert der Schwalben niedriger Schwarm.
Und die Fledermäuse huschenden Flugs,
Um den kahlen Ast, der zuhöchst entwuchs
Blitzverbrannt seinem Haupt, ...

aus: Georg Heym, Dichtungen und Schriften, Gesamtausgabe, hrsg. von Karl Ludwig Schneider, 4 Bde., Hamburg/München 1960-1968.

Werk:  Georg Heym | Der Baum

Georg Heym

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Am Wassergraben
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