Lesedusche

Gertrud Kolmar: Verwandlungen

Ich will die Nacht um mich ziehn

Ich will die Nacht um mich ziehn als ein warmes Tuch
Mit ihrem weißen Stern, mit ihrem grauen Fluch,
Mit ihrem wehenden Zipfel, der die Tagkrähen scheucht,
Mit ihren Nebelfransen, von einsamen Teichen feucht.

Ich hing im Gebälke starr als eine Fledermaus,
Ich lasse mich fallen in Luft und fahre nun aus.
Mann, ich träumte dein Blut, ich beiße dich wund,
Kralle mich in dein Haar und sauge an deinem Mund.

Über den stumpfen Türmen sind Himmelswipfel schwarz.
Aus ihren kahlen Stämmen sickert ...

aus: Gertrud Kolmar, Das lyrische Werk, hrsg. von Regina Nörtemann, Göttingen 2003.

Gertrud Kolmar

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Track 01
Ich will die Nacht um mich ziehn
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